Forschungscampus Flexible Elektrische Netze FEN
Die flexible Steuerung des Leistungsflusses ist in modernen Stromnetzen entscheidend um auf Schwankungen von Erzeugung und Last reagieren zu können. Die heutigen Mittelspannungs-Wechselstromnetze ermöglichen wegen ihrer radialen Struktur allerdings keine flexible Energieübertragung. Zur Erhöhung der Flexibilität dieser konventionellen Wechselstromnetze können jedoch Teile des Wechselstromnetzes über Gleichstromnetze miteinander verbunden werden.
An der RWTH Aachen werden im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten "Forschungscampus Flexible Elektrische Netze FEN" diese Mittelspannungs-Gleichstromnetze erforscht. Hierbei kooperieren verschiedene Institute der RWTH Aachen mit Industriepartnern in den vier miteinander verzahnten Projekten:
- Netzplanung und –konzeption hybrider und reiner Mittelspannungs-Gleichstromnetze
- Entwicklung von Komponenten für Mittelspannungs-Gleichstromnetze
- Integration von Regelungs- und Automatisierungskonzepten in Mittelspannungs-Gleichstromnetze
- Konzeption und Errichtung eines Mittelspannungs-Gleichstromnetzes zu Forschungszwecken
Der umfangreichste Beitrag des ACS ist hierbei die Entwicklung der Regelungsstrategien und Automatisierungskonzepte für Mittelspannungs-Gleichstromnetze. Reine Wechselstromnetze waren bereits Gegenstand der Forschung, die zugehörigen Regelungsstrategien und Automatisierungskonzepte lassen sich jedoch nicht ohne Weiteres auf hybride Wechsel- und Gleichstromnetze anwenden. Das ACS kooperiert außerdem in den Bereichen Netzplanung, Entwicklung der Testplattformen sowie Konzeptionierung und Errichtung des Forschungsnetzes mit den anderen beteiligten Partnern.
Netzplanung und -konzeption
In diesem Projekt werden sowohl die klassische Netzplanung, aber auch neue Automatisierungskonzepte betrachtet. Das ACS verantwortet die transiente Stabilitätsanalyse von hybriden Wechsel- und Gleichstromnetzen sowie reinen Gleichstromnetzen zur Verifikation des dynamischen Betriebes. Weiterhin ist das ACS für die Entwicklung der Algorithmen zur Lokalisierung des Fehlerortes anhand von Messungen im Netz verantwortlich. Diese Schutzsysteme spielen eine wichtige Rolle bei der Analyse verschiedener Netztopologien zur Selbstheilung des Netzes nach Freischaltung des Fehlerortes.
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Regelungsstrategien
Das Hauptziel dieses Projektes ist die Entwicklung von Regelungskonzepten für hybride Wechsel- und Gleichstromnetze sowie reine Gleichstromnetze. Das ACS wird verschiedene Regelungsstrategien (zentral, dezentral, verteilt) mit unterschiedlichen Regelungsverfahren (State Feedback, Synergetic Control, Backstepping) kombinieren um die passenden Regelungsalgorithmen zu entwickeln. Eine große Herausforderung ist dabei die Definition von globalen und lokalen Regelgrößen in Gleichstromnetzen, aber auch die Berücksichtigung von Unsicherheiten wie beispielsweise bei der Topologie, bei Messungen oder bei schwankender Energieerzeugung. Die zur Bewertung der entwickelten Regelungsalgorithmen benötigten Kennziffern, wie beispielsweise für die Versorgungsqualität und die Netzstabilität, müssen - mangels existierender Standards für Gleichstromnetze - vollständig neu definiert werden.
Automatisierungssysteme
Das ACS wird im Rahmen dieses Projektes zukunftsweisende Überwachungs- und Zustandsschätzungssysteme für hybride Wechsel- und Gleichstromnetze sowie reine Gleichstromnetze entwickeln. Solche Systeme sind sowohl für die Realisierung der Regelung von beispielsweise der Spannung, aber auch für die Lokalisierung von Netzfehlern äußerst relevant. Da diese Verfahren eng mit dem Automatisierungssystem zusammenarbeiten, werden die Regelungs- und Schutzfunktionalitäten auf die Grundelemente der Automatisierungsarchitektur abgebildet. Die Automatisierungsarchitektur wird dabei in all ihren Aspekten, von der Kommunikation bis zu den Datenmodellen und Protokollen, neu entwickelt um die benötigten Funktionalitäten realisieren zu können.
Testplattformen
Das ACS wird die entwickelten Regelungsalgorithmen und Automatisierungssysteme mittels Hardware-in-the-Loop (HiL) sowie Power-Hardware-in-the-Loop (PHiL) Testplattformen simulieren und validieren, bevor diese in ein reales Netz zu Feldtests ausgebracht werden können. Anhand dieser Simulationen und Tests werden nicht nur die Konzepte, sondern auch die konkreten Implementierungen validiert. Die PHiL-Plattform wird zu einem späteren Zeitpunkt des Projektes als Prüfstand für reale Komponenten des Netzes, wie beispielsweise DC/DC-Konverter oder Gleichstromleistungsschalter, genutzt werden.
Mittelspannungs-Gleichstrom Forschungsnetz
Ein wichtiges Ziel des FEN-projektes ist die Errichtung eines Mittelspannungs-Gleichstromnetzes zu Forschungszwecken mit einer Anbindung an das bestehende Wechselstromnetz auf dem Campus Melaten der RWTH Aachen. Dieses hybride Wechsel- und Gleichstromnetz soll als Forschungsobjekt zur Validierung der entwickelten Regelungs- und Schutzalgorithmen dienen, die mit einem neuartigen Automatisierungssystem realisiert werden. Im Rahmen dieses Leuchtturmprojektes wird das ACS das bestehende Wechselstromnetz auch mithilfe einer PHiL-Simulation nachbilden und mit dem errichteten Mittelspannungs-Gleichstromnetz koppeln. Somit kann eine PHiL-Simulation in großem Maßstab realisiert werden.
Newsmeldungen
Ting Wang hat am 04.06. in der Konferenz PEDG 2019 in Xi'an, China, einen Vortrag über seine Forschung im FEN-Projekt zum Schutz von DC-Verteilungsnetzen gehalten.
Am 5. Juli nahmen industrielle und akademische Partner am ersten Mittelspannungskonsortium Workshop teil, um die Ergebnisse der geleisteten Arbeit zu diskutieren und zukünftige Richtungen für die Zusammenarbeit in Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowohl in der Industrie als auch im universitären Bereich zu definieren.
Der Forschungscampus für Flexible Elektrische Netze wurde von den Gutachtern der Universität Kassel (Herr Prof. Braun) und der TU Ilmenau (Herr Prof. Westermann) als auch von den Stellvertretern der Firma Siemens und dem Projektträger Jülich besucht.
Wir danken für die finanzielle Unterstützung des BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung), Förderkennzeichen 03SF0490.